Harald Cronst
Kurtatsch steht für eine traditionsreiche Weinbaugenossenschaft, ein junges Team, charakterstarke Lagenweine und Südtiroler Bodenständigkeit. Urs Fischer im Gespräch mit Harald Cronst.
Kurtatsch ist nicht nur eine der ältesten, sondern auch eine der kleinsten, erfolgreichsten und südlichst gelegenen Weinbaugenossenschaften Südtirols. Ihre Rebberge im Weindorf Kurtatsch liegen verteilt auf 700 Meter Höhenunterschied – das ist einmalig in Europa. Ebenfalls einzigartig sind die Terroirweine der Kellerei: die einzelnen Lagen werden alle separat ausgebaut. So schmeckt jeder Wein anders, aber alle nach Kurtatsch.
Urs und Monika Fischer haben der Weinbaugenossenschaft Kurtatsch Ende September einen Besuch abgestattet. Das Gespräch mit dem Exportverantwortlichen Harald Cronst gibt Einblick in die Stärken und Spezialitäten des Betriebs, ihren Umgang mit der Covid-19-Situation und wie das Weingut zu seinem beeindruckenden Neubau kam.
Harald im Gespräch
Harald, im Südtirol sind Weinbaugenossenschaften stark verwurzelt und weit verbreitet. Was unterscheidet euch von anderen Genossenschaften?
Es sind zwei Sachen, die man besonders herausheben kann. Das ist einerseits das junge Team, das wir sind. Wir sind zwar eine der ältesten Genossenschaftsbetriebe im Südtirol (gegründet 1900), der Altersdurchschnitt unseres Teams ist mit 37 Jahren jedoch sehr tief. Zudem ist die Genossenschaft seit sieben Jahren unter der Führung des erst 36-jährigen Andreas Kofler. Das bringt eine tolle Dynamik mit sehr viel Änderungspotenzial, was wir auch immer wieder nutzen und realisieren.
Wir sind ein sehr junges Team. Das bringt eine tolle Dynamik mit sehr viel Änderungspotenzial.
Andererseits ist es sicher der klare Fokus auf das Terroir. Wir haben in Kurtatsch einen Höhenunterschied von 700 Metern in einem Weinbaudorf, das ist einzigartig in Europa. Seit jeher ist es unsere Philosophie, charakterstarke Weine hervorzubringen und die unterschiedlichen Lagen in den Vordergrund zu stellen. Unserer Meinung nach ist es gerade das, was die Weine so interessant und besonders macht. Das ist unsere grosse Eigenheit, die uns von anderen Betrieben unterscheidet.
Eine aktuelle Frage: Wie seid ihr durch die Corona-Zeit gekommen?
Anfänglich war es ein grosser Schock für uns, da wir ziemlich «Südtirol-lastig» sind und auch der einheimische italienische Markt sehr wichtig für uns ist. Es hat sich dann aber herausgestellt, dass vor allem der italienische Markt sehr gut funktioniert, weil gerade die Italiener unsere Südtiroler Weine gerne trinken. Das war sehr positiv. Zudem haben wir uns verstärkt auf die Digitalisierung mit Social Media fokussiert. Die Zeit, in der die Leute zuhause waren, haben wir für Online-Weinvorstellungen genutzt und so versucht, die direkte Kommunikation mit den Kunden wett zu machen. Das haben wir vorher in dieser Form noch nicht gemacht. Alles in allem sind wir mit einem blauen Auge gut durchgekommen.
Ich finde, die Bordeaux-Sorten haben einen ganz eigenen Südtiroler Charakter.
Ihr habt eine ganz neue, architektonisch eindrucksvolle Kellerei. Was ist die Geschichte dahinter und wie seid ihr zu diesem modernen, tollen Bau gekommen?
Das Ganze ist eigentlich aus der Notwendigkeit heraus entstanden. Wir hatten ganz grosse Platzprobleme. Einerseits sind wir ein klein wenig gewachsen, vor allem aber haben wir unseren Fokus verstärkt auf die Optimierung der Wein- und der Lagenqualität gelegt. Das heisst, wir wollten den Weinen mehr Zeit geben, damit sie ihr ganzes Potenzial entfalten können. Und das hat vor allem Platzprobleme verursacht. So waren wir gezwungen, neue Lagerräume zu schaffen. Bei der Planung haben wir uns dann entschieden, auch die Vinothek in den Neubau zu integrieren. So haben wir heute einen ganz neuen, modernen Auftritt.
Kannst du uns etwas zur Architektur sagen?
Uns war es wichtig, dass der Neubau zwar unsere Sichtbarkeit vergrössert, sich aber dennoch harmonisch in die Gegend integriert und die bestehenden Gebäude optimal ergänzt. Wir haben grossen Wert auf Funktionalität und optimale Arbeitsabläufe gelegt. Architektonisch ist sicherlich die Fassade unserer neuen Vinothek ein Highlight: Die «Millawände» sind eine Nachbildung der charakteristischen Felswand unterhalb der Ortschaft Kurtatsch und aus echtem Dolomit gefertigt, der mit Beton gemischt wurde.
Die Fassade unserer Vinothek ist ein Highlight: Sie ist eine Nachbildung der charakteristischen Milla-Felswände unterhalb der Ortschaft Kurtatsch.
Du magst bestimmt alle eure Weine. Aber welche Weine der Kellerei Kurtatsch würdest du besonders empfehlen? Welches sind die Weine, bei denen du sagst, da sind wir ganz stark?
Das sind ganz klar jene Sorten, die für das Südtirol vielleicht weniger typisch, für Kurtatsch aber ganz, ganz wichtig sind: die Bordeaux-Sorten Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. Da haben wir drei Weine, angefangen beim Curtis (eine Cuvée aus Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc), unserem Einstiegswein. Dann der grosse Bruder, der Soma mit derselben Trauben-Zusammensetzung. Und schlussendlich im Topsegment unser Cabernet Sauvignon Freienfeld, der nur in den besten Jahren produziert wird. Meiner Meinung nach haben diese Weine eine ganz eigene Stilistik mit etwas mehr Frische und Frucht als jetzt beispielsweise in der Toskana und vielleicht etwas mehr Wärme und Tiefgründigkeit als mancher Bordeaux in derselben Preisklasse. Ich finde, die Bordeaux-Sorten haben einen ganz eigenen Südtiroler Charakter.